2013-11-13

Begegnungen eines Backpackers

Alleine Reisen ist manchal komisch. So kam ich kaum in Colonia an, schon kannte ich die Lebensgeschichten von fast allen Backpackern im Hostel. In Montevideo lief es ähnlich. Dann allerdings, in Punta del Este und Punta del Diablo, habe ich mich mit fast niemandem ausgetauscht. Anschließend kamen dann wieder tolle Begegnungen. Woran liegt das? Sicherlich auch an meiner jeweiligen Laune, aber bestimmt nicht nur... So manch eine Unterhaltung ist auch wieder vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat. Viele Gesichter sind schnell wieder vergessen. Ein paar Begegnungen will ich mir hier aber für die spätere Zeit aufbewahren, denn schließlich lebt meine bisherige Reise von den vielen interessanten Menschen, die ich an jeder Ecke getroffen habe.

Martin

Da war zum einen der Deutsche, der seinen Versicherungsjob geschmissen hat, um ein Around the World Ticket zu buchen. Er war ein bisschen älter und ich habe ihn zu allererst gesiezt. Ein unverzeibarer Anfängerfehler, der zeigt, wie sehr ich doch schon wieder eingerostet war. Zu meiner Entschuldigung sei noch angeführt, dass es mein erster Tag nach Buenos Aires war. Ich habe es im Moment des Ausprechens auch direkt wieder bereut und mich lachend entschuldigt. So kamen wir ins Gespräch. Er hat kein Wort Spanisch gesprochen, als er sich auf den Weg gemacht hat und gerade einmal drei Wochen Sprachkurs in Quito auf sich genommen. Dann ist er los gezogen. Mittlerweile spricht er einigermaßen fließend. Wir haben uns unter anderem über das Deutsch-Sein lustig gemacht. Der typische Deutsche braucht Ordnung in seinem Rucksack...

Kai

Dann war da der andere Deutsche, der seit drei Jahren ausgebüxt war. Europa, Neuseeland, Südamerika, hauptsache weg. Seinen Schlosser-Job hatte er gehasst. Anfangs war er mir suspekt, vielleicht auch weil er mir davon erzählt hat, wie er die letzte Nacht auf der Straße geschlafen hatte und am nächsten Morgen beim Scheißen hinter einem Haus von der Polizei erwischt wurde. Vielleicht war es aber auch die Geburtstags-Story, die mit Hasch, Kokain, Alkohol und Magic Mushrooms geendet ist. Als ich ihm dann von mir erzählte, hatte er aber ein enormes Verständis, das ich bislang selten fühlen konnte. Ich kann es nicht genau fest machen, aber die Nachfragen und der weitere Verlauf der Unterhaltung waren sehr interessant. Als er mir dann die Reste seiner Pasta angeboten hatte (ich hatte an dem Tag überhaupt keine Lust Geld für Essen auszugeben), habe ich schließlich alle Vorurteile über Bord geworfen. Der Typ war irgendwie doch cool. Den spannensten Ansatz lieferte er mit der Frage danach, welches Weltbild man doch aus den Artikeln der jeweiligen Sprache herauslesen könne. Wie kommen wir Deutschen eigentlich dazu, den Mond als männlich anzusehen? La Luna ist auch in meinen Augen deutlich passender...

Der Schwede, dessen Name ich vergessen habe

Er war Mitte Zwanzig, hatte gerade sein Studium beendet und keine Lust sich direkt einen Job zu suchen, auch weil er sich nicht sicher ist, ob er nicht vielleicht in eine andere Richtung gehen will. So hat er sich dann entschieden, erst einmal durch Südamerika zu ziehen, um sich da seine Gedanken machen zu können. Seine Reise hatte aber gerade erst begonnen. Irgendwie kam mir die Geschichte bekannt vor. Wir haben uns auf Anhieb verstanden...

Der Namenlose Ami

Amerikaner, Alter unbekannt, Name spielt keine Rolle, Heimat hat er keine (mehr). Seit 4 Jahren trampt er durch die Welt. Richtiges Trampen. Öffentliche Verkehrsmittel hat er nur benutzt, um die Kontinente zu wechseln. Familie? Freunde? Lebensziele? Die Antwort war immer gleich: ?! Gesprochen hat er nur, wenn er angesprochen wurde. Sonst hat er keinen Kontakt gesucht. Ich habe mich trotzdem lange mit ihm unterhalten (als einziger), ich fand den Typ irgendwie interessant...

Lorena

Eine Kolumbianerin, die irgendetwas mit dem Namen Darmstadt verbunden hat. Was genau, dass konnte ich ihr dann erklären, als sie von ihrem Beruf als Pharmazeutin bei Merck (!) erzählte. So klein ist manchmal die Welt. Das kolumbianische Spanisch ist im Übrigen wie Musik in den Ohren. Die Aussprache ist so schön klar und vor allem reden sie nicht so schnell. Sie hatte aber auch sichtlich Spaß daran, mich in Spanisch zu unterrichten...

Guilherme

Brasilianer, mit unfassbarer Lebensfreude. Er kam ins Zimmer und hatte nur kurz gefragt, ob ich das Bad bräuchte, er wolle mit seinen Kumpels ausgehen und vorher gerne noch duschen. Bis er allerdings unter der Dusche war, ist deutlich über eine Stunde verstrichen. Vorher war er damit beschäftigt, mich zu unterhalten. Soviel wie in diesen Minuten habe ich die letzten zwei Monate nicht gelacht. Er wollte mich überzeugen, dass meine Route zwingend über Brasilien verlaufen sollte. Mit einem Mix aus Englisch, Spanisch, Portugisisch, Händen und Füßen und enormer Austrahlung hat er mir klar machen wollen, dass alles für Brasilien und nichts dagegen sprechen würde. Jedes Mal, wenn er ein paar Wörter Portugisisch gesprochen hatte, meinte er: Siehst du, du hast es doch verstanden, das Argument zählt nicht. Nur beim Fußball war er nicht kompromissbereit. Die WM gewinnen die Brasilianer, da gibt es nix zu holen. Dass er es am Ende doch noch geschafft hat, sein Handtuch und sein Shampoo in die Hand zu nehmen, kam einem Wunder gleich...

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