2013-11-30

Begegnungen eines Backpackers II

"Sag mir nicht, wie alt du bist und sag mir nicht, wie gut du erzogen bist. Sag mir, wie weit du gereist bist und ich sage dir, was du weißt."

Ein Zitat, das dem Propheten Mohammed zugesprochen wird und das ich hier mal frei übersetzt habe, soll den zweiten Teil meiner Zusammenfassung spannender Begegnungen einleiten.

Der alte Schweitzer

Er war es, mit dem ich durch dieses an der Hostelwand geschriebene Zitat ins Gespräch gekommen bin. Er war vor 37 Jahren im Hindukusch unterwegs und hat darüber erzählt, wie sich das Reisen heutzutage von dem damaligen doch unterscheidet, beispielsweise durch das Internet und die vielfältigen Möglichkeiten zum kontaktieren der Familie und Freunde. Damals war er einfach mal für ein paar Monate weg und die Familie hat eben ein paar Monate nichts von ihm gehört. Wie alt er war und was er sonst so beruflich gemacht hat: Keine Ahnung. Er weiß es aber auch von mir nicht. Gemäß des obigen Zitates haben wir uns über ganz andere Dinge unterhalten. Das schöne daran war, dass das Gespräch auf einer Ebene stattgefunden hat. Witzig fand ich auch, dass er sich über seine Familie mockiert hat, die ihn doch davon abhalten wollten, alleine nach Paraguay zu fahren, weil es doch angeblich viel zu gefährlich sei: "Die haben doch keine Ahnung wie es da draußen wirklich abgeht, sie verreisen ja selbst kaum. Ferndiagnosen kann jeder stellen". Ich unterschreibe das sofort. Neben uns saß noch ein Berliner Doktorand der im Rahmen eines Austauschs so seine ersten Erfahrungen im fernen Ausland sammelte. Mit unseren Reiseerfahrungen und -vorhaben war er sichtlich überfordert und hat dies auch zum Ausdruck gebracht. Die trockene Antwort des Schweizers: "Siehst du, du musst an deinem Leben etwas ändern". Coole Socke, so will ich später auch mal sein...

Colin

Engländer, der sich selbstständig gemacht hat, um besser reisen zu können. So müsse er nur vier Jahre arbeiten, um dann ein Jahr verreisen zu können. Vor fünf Jahren war er somit in Südostasien. Jetzt ist er in Südamerika. In vier Jahren will er dann nach Afrika. Auch ein interessanter Lebensentwurf. Wir haben uns über die Akzente in der englischen Sprache lustig gemacht. Den deutschen, den französischen, den italienischen, den indischen,... Witzigerweise habe ich genau nach dieser Unterhaltung abends im Hostel auch zum ersten Mal einen französischen Akzent im Spanisch herausgehört. Wie man das Unterbewusstsein doch beeinflussen kann...

Rita

Chilenen, die vor 19 Monaten mit ihrem Freund aufgebrochen ist nach Mexiko und eigentlich nur drei Monate verreisen wollte. Es kann ja auch mal ein bisschen länger werden. Sie machen das überwiegend per Couchsurfing und als Tramper. Jetzt geht ihnen aber das Geld aus und sie wollen zurück und ein klein bisschen zu arbeiten, um dann wieder aufzubrechen. Falls sie das wirklich schafft, kann ich sie nächstes Jahr in Chile besuchen, ich zweifel aber daran. Es wäre bei ihr ja nicht das erste Mal, dass es noch ein bisschen länger dauert. Auf jeden Fall konnte man ihre in der Zwischenzeit entwickelte Tiefenentspanntheit greifen. Längere Reisen verändern einen Menschen doch enorm und machen manchmal auch süchtig nach mehr...

Die ausgewanderte Londonerin

Sie war schon älter und hat nahezu auf jedem Kontinent der Welt gelebt. Aktuell lebt sie in Liberia. So richtig greifen konnte ich sie nicht. Interessant fand ich aber, dass sie mir Folgendes erzählte: "Es gibt zwei Sorten von Londoner: Die einen, die aus London kommen und nicht mehr dort leben, oder die, die dort leben, aber nur zugezogen sind". Das ist mir vorher noch nicht aufgefallen, das muss ich mal beobachten...

Rachel

Ursprünglich aus Malaysia (Borneo), lebt und arbeitet aber in London. Mein neuestes Vorurteil wurde also direkt bestätigt. Als sie mich gebeten hatte ein Foto von ihr zu machen, habe ich sie (halb als Verarsche) gefragt ob ich (ganz Asiaten-typisch) ein Jump-Foto von ihr machen solle. Damit hatte ich plötzlich ein Stein in ihrem Brett. Sie meinte, sie sei deswegen vollkommen überrascht gewesen, wie gut ich trainiert worden sei. Im übrigen hatte sie mich auf 30+x Jahre geschätzt. Zwei Tage vorher wurde ich noch auf 20 geschätzt. Was zwei Tage Bartwuchs ausmachen können. Auf jeden Fall hatten wir uns ganz gut verstanden, sie hatte mir ein bisschen Singapur-Feeling nach Südamerika gebracht...

Justin

Amerikaner, der so ziemlich untypisch für Amerikaner jede Möglichkeit zum verreisen nutzt. Drei Jahre hat er in Japan gearbeitet, aber nur um von dort Asien bereisen zu können. Jetzt hat er gekündigt und nimmt den "Long Way Home". Bevor er nach Südamerika kam, war er noch in Europa unterwegs. Bei einem dreimonatigen Visum käuft man sich am besten ein dreimonatiges Zugticket für alle Züge in Europa. Er musste für seinen Weiterflug von Zürich nach Amsterdam und nahm einfach den "Long Way", also über diverse Länder südöstlich von Deutschland. Bei allem was er schon gesehen hat in den USA, in Asien und in Südamerika, hat er doch am meisten von den jungen Staaten in Europa geschwärmt. Nicht das Taj Mahal oder die Chinesische Mauer, sondern der Balkan ist das Ding für ihn gewesen. Es ist nicht zum ersten Mal, dass ich gutes über diese Region höre, aber in dieser Intensität hat er mir vielleicht die Antwort darauf gegeben, wohin meine nächste größere Reise mich hinführen könnte...

2013-11-28

Asunción


Ein ganz gewöhnlicher Sonntag im Zentrum von Asunción, der Hauptstadt Paraguays, meinem nächsten Zwischenstopp. Die totale Geisterstadt. Wo sind denn die gut 2 Millionen Einwohner hin? Niemand, einfach niemand. Alle Läden geschlossen. Kein einziges Auto. Am nächsten Tag kam ich dann kaum durch die Straßen durch, so voll war das plötzlich. Schade dass ich vergessen habe, an gleicher Stelle nochmal ein Foto zu machen.

Tango

Im Hostel fand abends eine kostenlose Tango-Einführungsveranstaltung statt. Ich wusste davon anfangs nichts. Als ich aber kurz vorher aus der Stadt zurückkam, wurde ich von eine hübschen, jungen Deutschen aufgefordert mitzumachen. Da lässt man sich dann auch nicht zweimal bitten. Sie hatte schon zwei ähnliche Veranstaltungen mitgemacht und konnte die Grundschritte somit schon halbwegs. Außerdem hatte sie sich richtig gestylt, ein schönes Kleid und Tanzschuhe getragen. Ich kam gerade aus der Stadt, war verschwitzt und hatte natürlich nur die Optionen Wanderschuhe oder barfuß (meine Wahl). Wir waren ein ungleiches Paar, ungefähr so wie die Schöne und das Biest. Über drei Stunden ging der Spaß. Partnertausch habe ich natürlich gekonnt ignoriert.

Direkt hinter dem Regierungsbezirk mit dem ein oder anderen protzigem Gebäude...
... liegt ein Slum. Dass das so geduldet wird, ist irgendwie ein überraschend positiver Umgang mit der verstörenden Realität. Ich befürchte nur, dass auch hier bald eine Räumung stattfinden wird, um das Stadtbild zu verschönern.  

Fazit Paraguay

Das Land war definitiv noch nicht bereit für Touristen. Egal wo ich war, es gab keine gut zusammengestellten Informationen über die Sehenswürdigkeiten und Möglichkeiten in der Umgebung. Die Menschen waren überwiegend freundlich, aber verstehen konnte ich sie kaum, da sie sich über ihre indigene Sprache Guaraní identifizieren und auch ihre Spanisch davon einiges abbekommen hat. Ursprünglich wollte ich mindestens eine Woche länger bleiben, aber so bin ich dann doch lieber weiter gezogen, um etwas unternehmen zu können. Das Land hat eine sehr große deutsche Community. In den meisten Fällen waren diese Leute mir aber eher suspekt. So wurde ich auch öfters mal von Zeugen Jehovas angesprochen, die hier anscheinend Lunte gerochen haben. Überrascht hat mich auch, dass das Leben hier deutlich teurer war, als ich das erwartet hatte. Dabei dachte ich einst, dass Paraguay ein Armenhaus ist. Vielleicht ist das aber auch ein Irrglaube. Paraguay gilt so ein bisschen als die Kornkammer Südamerikas und Monokultur ist weit verbreitet. Abwechslungsreich war hingegen das Essen. Mandioca (am besten gekocht) oder auch das daraus gebackene Chipa (das Nationalgericht) haben es mir schwer angetan. Außerdem haben die arabischen Einwanderer hier eine eigene Art von Döner (Lomito Arabe) entwickelt und es gibt eine Art Zwiebelkuchen (Sopa Paraguaya). Die Entdeckung schlechthin war aber ein Rinderzungenschnitzel.

2013-11-26

Villarica

Bei der Planung meines Aufenthaltes in Paraguay habe ich mir im Hostel in Encarnación noch Informationen geholt. Da sah dann immer so aus, dass ich gefragt habe, wie ich irgendwohin kommen könnte und als Antwort immer ein: "Oh, das ist fast unmöglich dahin zu kommen. Mach das besser nicht. Das kostet dich ein Vermögen, weil es keine öffentlichen Busse gibt, kostet eine Menge Zeit und wenn es regnet sitzt du fest." Großartig. Scheinbar will das Land keine Touristen zu seinen schönen Flecken durchlassen. Also blieb nicht mehr viel übrig. Villarica war so eine Empfehlung. Das lag einigermaßen auf dem Weg und solle doch sehr schön sein. Also habe ich mich in so einen Bus mit siebenstündiger Fahrt über Schotterwege gesetzt.

Die Fahrt hat aber nur deswegen so lange gedauert, weil wir gefühlt alle 500 Meter angehalten haben, damit 30 Leute von vorne nach hinten durch den Bus laufen, um zu versuchen irgendwas zu verkaufen. Die Betonung liegt auf irgendwas. Neben den üblichen Dingen wie Essen, Getränke, Sonnenbrillen, Handys und Socken waren meine Favoriten die Folgenden: Planschbecken, Gartenzwerge (sehr nützlich für Backpacker) und geschmückte Plastikweihnachtsbäume (bei knapp 40 Grad im Schatten wollte bei mir keine Weihnachtsstimmung aufkommen). Kaum war so eine Horde vorüber, haben wir doch glatt zwei Blocks später wieder angehalten und die nächsten haben mich belästigt...

Die Stadt liegt im Landesinneren, recht schön gelegen und hat auch einige nette Häuser. Dazu ist Villarica ruhig, entspannt und sauber. Eigentlich recht viel, um auf diversen Backpacker-Landkarten aufzutauchen. Eigentlich.

Was tun?

Einzig die Frage, was ich wie tun kann, blieb ungeklärt. Im Hostel in Encarnación hatte man mir erzählt, was es umliegend alles zu besichtigen gibt. Beispielsweise einen National Park, der sehr schön sein sollte. Also habe ich mich durchgefragt, wie dort hinkommen könnte, ob es Karten gäbe, Rundwege,... Immer wieder wurde ich von einer Person zur nächsten geschickt. Eine Antwort bekam nicht heraus. Normalerweise sind Touristeninformationen immer ein guter Anlaufpunkt, aber auch hier war ich vergeblich auf der Suche. Dann habe ich noch versucht ein Hotel zu finden. Hostels gab es keine, aber selbst ein billiges Hotel war kaum aufzutreiben. Doch selbst dort hatte man keine Informationen für mich. Noch nicht einmal Informationen über die Stadt konnte man mir geben. Ich wusste, dass es eine schöne Kirche und eine schöne Lagune in der Stadt geben sollte, aber selbst dass konnten sie mir im Hotel nicht beantworten. Nachdem ich knapp 30 Leute befragt hatte, hatte ich gerade einmal die Information bekommen, dass ich mit einem Taxifahrer einen Preis aushandeln könnte, mich zum National Park zu fahren und dort mehrere Stunden auf mich zu warten und anschließend zurück zu bringen. Das hätte mich knapp 70 Euro gekostet und ich hätte nach wie vor keine Idee gehabt, ob es Rundwege oder ähnliches gegeben hätte. Also habe ich mich dagegen entschieden. Also habe ich ein Internet-Cafe gesucht und mir auf Google-Maps angeschaut, wie ich laufen musste um zur Kirche und zur Lagune zu kommen. Am nächsten Tag wollte ich dann einfach weiter fahren. Die Stadt ist definitiv noch nicht bereit für den Tourismus.

Die Stadt hat ja eigentlich einiges an Potential. Schade drum, dass man das nicht besser verkaufen kann.
Wenigstens ein paar Wasserschweine konnte ich in der Lagune sehen. Damit war ich dann auch glücklich und bin am nächsten Tag direkt weiter gezogen. Ich verbuche Villarica einfach unter dem Label "Es war eine Erfahrung".

2013-11-23

Encarnación


Als nächstes bin ich nach Encarnación gefahren. Eine Stadt die sehr schön am Rio Paraná liegt, gegenüber der argentinischen Stadt Posadas, die hier im Hintergrund zu sehen ist. 
Encarnación möchte gerne "das nächste Rio de Janeiro" sein. Aber auch obhne das Original zu kennen, weiß ich, dass das noch ein weiter Weg ist. Die Promenade ist sicherlich ganz schön, die Stadt recht entspannt, es wird viel gebaut und irgendwie wirkt das alles sehr überdimensioniert.

Tereré

In Argentinien und Uruguay ist Mate das "Big Thing". Überall sieht man die Leute an den kleinen Trinkgefäßen nuckeln, immer mit einer Thermoskanne unter dem Arm, um neu aufgießen zu können. Hier in Paraguay ist Tereré das Gegenstück. Im Prinzip die gleiche Yerba die aufgegossen wird, nur mit eiskaltem Wasser. Außerdem wird es noch ein wenig mit Minze und Sellerie verfeinert. Das ist ein richtiges Ritual. 13-jährige beste Freundinnen oder junge Paare auf einem Date, alte Männer in einer Runde oder Polizisten, einfach jeder trinkt hier in einer Runde. Der Becher wird dann immer wieder weiter gereicht. Dabei darf man sich aber auf keinen Fall selbst dazu einladen, es bedeutet deutlich mehr als einfach nur zusammen zu trinken. Da spielt immer eine gewissen Verbundenheit eine Runde. Umso cooler war es, als ich im Hostel mit den jungen Leuten die das Hostel geführt haben (das waren sowieso die besten) mehrere Stunden das Zeugs nuckeln durfte. Mir schmeckt das auch ziemlich gut.

In der Nähe von Encarnación gibt es zwei Jesuitenmissionen, die den zweifelhaften Ruf genießen, das am wenigsten besuchte Unesco-Weltkulturerbe zu sein. Außer den wenigen Leuten aus dem Hostel, war da auch sonst niemand unterwegs. Das lag vielleicht aber auch an der großen Hitze. Mittags hatten wir 40 Grad im Schatten.
Ich war mit drei Deutschen unterwegs, die sich eine Tour im Hostel gebucht hatten und ich konnte mich so ganz entspannt und einigermaßen billig anschließen. Ich hätte das zwar auch mit dem Bus hinbekommen, aber das wäre wahrscheinlich schon kompliziert gewesen und so viel billiger wäre es dann auch nicht geworden.

Verkehr

Ich habe die Zeit im Auto genutzt, um den Fahrer vom Hostel mal ein wenig nach dem Verkehr in Paraguay/Südamerika auszufragen. Hier funktioniert alles nach dem Chaos-Prinzip. Wer zuerst fährt, fährt halt zuerst. Alle Städte sind Planstädte und in Quadraten aufgebaut und obwohl die Straßen auch recht breit sind, sind alle Straßen Einbahnstraßen. Es bleibt an einer Kreuzung damit noch einigermaßen übersichtlich. Die meisten fahren sehr langsam. Zum einen weil sie keinen Unfall bauen wollen, zum anderen aber auch weil es viele Hubbel und Schlaglöcher in den Straßen gibt. Eine Straße zu überqueren fällt mir nicht allzu schwer. Umso überraschter bin ich, dass die Einheimischen damit teilweise arge Probleme haben. Die Leute fahren doch so langsam... Vielleicht hilft mir dabei aber auch meine Vietnam-Erfahrung und meine Naivität ein bisschen. Falls es mal einer eilig hat, hupt er vor jeder Kreuzung. Stop-Schilder gibt es auch, aber die sind auch nur zur Hälfte zu befolgen, denn ein Stop-Schild bedeutet nicht, dass die anderen ein Vorfahrts-Schild haben. Falls diese dann also ultra-langsam an die Kreuzung juckeln, dann kann man auch einfach über ein Stop-Schild heizen. Einzig Ampeln sind eine kleine Minderheit, denen ein paar Rechte zugestanden werden. Ansonsten Chaosprinzip.

Encarnación hat mir ganz gut gefallen. Dort lässt sich ganz gerne mal Zeit totschlagen.

2013-11-22

Ciudad del Este


Aus Puerto Iguazu ging es über die Grenze nach Ciudad del Este in Paraguay. Da es jedoch keine direkte Brücke aus Argentinien nach Paraguay gibt, muss man über Brasilien fahren. Der Bus hält jedoch nur an der argentinischen Grenze. Einen erneuten Stempel aus Brasilien für ein 30 minütiges Tranist habe ich nicht bekommen. Viel witziger noch: Der Bus hält auch an der paraguayanischen Grenze nicht, sondern fährt direkt ins Busterminal, das 4 km entfernt liegt. Wenn man also einen Stempel haben möchte (was sinnvoll ist, wenn man auch wieder ausreisen möchte), so muss man auf eigene Faust zur Grenze gehen. Ich habe den Busfahrer gefragt, ob er mich dort nicht einfach rausschmeißen könne, damit ich den Weg nur einmal laufen müsse. Das hat er auch netterweise getan. Zumindest weiß ich jetzt auch, in welches Land man ganz einfach illegal rein kommt.

Ciudad del Este ist ein ganz spezielles Pflaster. Grenzstadt am Drei-Länder-Eck mit Brasilien und Argentinien, Duty-Free-Zone und Casino-Hauptstadt in Südamerika. Paraguay ist so anders: Alles bunt, alles improvisiert. Paraguay könnte in Südostasien liegen. Nur die Tuk-Tuks fehlen, ansonsten hat es mich doch sehr stark an die dortigen Länder erinnert.
In Ciudad del Este gibt es den Staudamm Itaipú, der zweitgrößte der Welt. Ich wollte mir das auch mal anschauen. Auf eingene Faust geht das aber nicht, man muss eine offizielle Tour buchen und sich mit geschönten Daten und Fakten des Betreibers berieseln lassen. Da wurde so dermaßen übertrieben die Wahrheit geschönt, dass hatte Züge von kommunistischer Propaganda. Immerhin 80% des paraguayanischen und 20 % des brasilianischen Energiebedarfs werden hier produziert.
Das Ungetüm ist über 8 km lang. Es ist ja schon halbwegs beeindruckend, wenn man mit dem Bus über den Damm fährt, auf der einen Seite ein riesiger Stausee und auf der anderen Seite ein 200 m tiefes Tal. Wenn ich mir dann aber vorstelle, dass hier einst ähnlich beeindruckende Wasserfälle waren wie bei Iguazú, dann wird mir ganz schlecht. Das ganze Ökosystem wurde zerstört, was auch zu einer Monokultur im umliegenden Land geführt hat. Auch Ökostrom hat so seine negativen Seiten.

Die Nacht im Hotel

Die Stadt war voll von Polizei und schwer gepanzerten und bewaffneten privaten Sicherheitsdiensten. Alle die ich gefragt habe, sagten mir ich solle nicht in der Dunkelheit rausgehen. Daran habe ich mich selbstverständlich gehalten. Ein Hostel gab es nicht, ich musste also in einem Hotel Zuflucht suchen. Dort hatte man ein billiges Zimmer in der Tiefgarage dass ich genommen hatte. Plötzlich konnte ich dann Schießereien auf der Straße hören. Wahrscheinlich war es eine gute Idee nicht raus zu gehen. Ich vermute dass die Stadt ein großer Drogenumschlagspunkt für den Bedarf in Brasilien und Argentinien ist. Auf jeden Fall war es ein wenig strange.


Ich bin mit einem der tollen bunten und vor allem innen beeindruckend verzierten Busse zum naheliegenden Wasserfall gefahren. Den Fahrer habe ich gefragt, ob er mir sagen könnte, wann ich raus müsste. Nach einer kleinen Schmierenkomodie von zwei kleinen prügelnden Jungs war ich plötzlich der einzige, der noch im Bus saß, als wir an der Endstation angekommen waren. Dem Fahrer tat es sichtlich Leid, mich vergessen zu haben. Da er aber direkt wieder in die andere Richtung gefahren ist, hat er mich wenig später doch noch an der richtigen Stelle heraus lassen können.
Der Wasserfall (Salto del Monday) ist ja schon ganz nett, aber er leidet sichtlich an seiner Location. Es ist schwer, sich dafür zu begeistern, wenn man gerade von Iguazú kommt. Außer mir war sonst nur eine Chilenin am Wasserfall. Wir kamen ins Gespräch und sie hatte sichtlich Spaß daran, mir Spanisch beizubringen. Ich hatte also fast vier Stunden privaten Unterricht an einem Wasserfall. Nicht allzu schlecht. Plötzlich war auch mein ganzer Tag schon vorbei.

2013-11-17

Iguazú

Iguazú gehören zu den spektakulärsten Wasserfällen der Welt. Das Foto spricht ja wohl schon Bände.
Iguazú liegt an der brasilianisch-argentinischen Grenze und natürlich war ich auf beiden Seiten im National Park unterwegs, wenn ich schon in der Nähe bin. Jetzt war ich also doch in Brasilien (mit Ein- und Ausreisestempel am gleichen Tag). In meiner Reisestatistik vernachlässige ich die 4 Stunden in Brasilien mal ganz großzügig. Am Tag der Ankunft habe ich zuerst die brasilianische Seite erkundet.
Die ganze Dimension von Iguazú kann man gar nicht auf einem Foto zusammenfassen. Die Fälle sind riesig. Eine wahre Naturgewalt, die mich unfassbar beeindruckt hat.
Das Beweisfoto, dass ich die Fotos nirgendwo geklaut habe, sondern selbst da war.
Toll ist es auch, wenn man mitten in das Zentrum rausläuft. Umgeben von Wasser auf allen Seiten, haben mich noch nicht mal die ganzen Touristen gestört. Das Unscharfe in der Mitte ist im Übrigen kein Fleck auf der Linse, sondern Wasser, dass vom Wind weggetragen wird. Wenn man vorne steht, wird man klatschnass.
Ganz nah dran ist mindestens so beeindruckend wie aus der Ferne.
Es gab eine ganze Menge Tiere im Park. Viele verschiedene Leguane, Spinnen, Schmetterlinge und diese witzigen Nasenbären, die jeglichen Müll gerne geplündert haben. Da kann er auch noch so unschuldig schauen. Jaguare gibt es angeblich auch. Sie werden aber nur ca. einmal pro Jahr gesehen. Ich konnte leider keinen ausfindig machen.
Im Hostel hatte ich eine nette Begleitung für den nächsten Tag auf der argentinischen Seite gefunden. Es war eine tolle Abwechslung mal etwas nicht alleine unternehmen zu müssen. Ein gemeinsames Foto muss natürlich sein.
Oberhalt der Fälle kann man ganz nah an den Abgrund heran. Plötzlich bricht dann das Wasser unter einem weg. Unglaublich beeindruckend. Ich kann mich gar nicht oft genug wiederholen.
Für den Tag war Regen angekündigt. Davon war aber weit und breit nichts zu sehen. Der ganze Tag war perfekt.
Wenn ich mir das Paradies vorgestellt habe, dann sah es ungefähr genau so aus.
Wenn man Lust hat, kann man mit einem Boot in die Fälle hineinfahren. Das haben wir uns nicht entgehen lassen.
Ich wollte schlau sein und meine Schuhe in den Drysack packen. Dummerweise wurde mir das verboten. Warum wurde mir nicht erklärt. Sinn hat es in meinen Augen definitiv nicht gemacht. So kam es dann, wie ich es befürchtet hatte. Da wir alle vollkommen durchnässt waren, waren auch meine Schuhe mit Wasser vollgelaufen. Meine Verärgerung hat sich aber auch schnell wieder gelegt. Dafür war es einfach zu cool. Iguazú hat in mir einen neuen Fan gefunden.

2013-11-15

Odyssee

Ich war in Uruguay an der Küste und wollte an die argentinisch-brasilianische Grenze. Am einfachsten wäre es gewesen, mit dem Bus nach Montevideo zu fahren, eine Fähre nach Buenos Aires zu nehmen und dann einen 18-stündigen Bus nach Puerto Iguazú zu nehmen. Irgendwie hat sich in mir aber etwas dagegen gesträubt.  Zum einen wäre das annähernd der gleiche Weg gewesen, den ich gekommen bin, und zum zweiten wäre das auch ein bisschen zu einfach gewesen. Ich wollte den direkteren Weg versuchen, auch wenn das bedeutet, mehrere lokale Busse zu nehmen.

Ich bin also zuerst von Punta del Diablo nach Chuy gefahren (frühmorgens) um dort ein Frühstück zu kaufen, zum Geldautomaten zu gehen und einen dreistündigen Bus nach Treinta y Tres zu finden (vormittags). Dort habe ich zu mittag gegessen und bin weiter nach Melo (nachmittags, 2 Stunden) und von dort nach Tacuarembó (abends, 3 Stunden). Ein kurzer Snack und eine kurze Nacht in einer Absteige bei sehr freundlichen Leuten später ging es noch vor Morgengrauen weiter nach Paysandú (5 Stunden). Ich dachte mir noch, dass meine Klamotten ruhig noch einen zweiten Reisetag verkraften und ich hier noch nicht wechseln müsste.

Eigentlich wollte ich ja woanders über die Grenze, aber da gab es erst 2 Tage später wieder einen Bus in diese Richtung, also musste ich improvisieren. In Paysandú habe ich nochmals einen Automaten gesucht, um Geld für die Weiterreise abheben zu können. Bei der Ausreise aus einem Land muss man ja immer aufpassen, nicht zuviel Geld übrig zu haben. Dann ging es nachmittags über die Grenze nach Colón auf argentinischer Seite. Dabei habe ich einen Franzosen kennengelernt und mir mit ihm die übrige Zeit in der Stadt, am Flussufer und in einem Fischrestaurant vertrieben.

Auf dem öffentlichen Klo konnte ich mich mit meinem Waschlappen noch einigermaßen frisch machen. Meine Klamotten waren allerdings so langsam an ihrer erträglichen Grenze angekommen. Wechseln konnte ich aber auch nicht mehr, weil ich in Uruguay aus finanziellen Gründen nicht waschen wollte, sondern lieber warten wollte, bis ich wieder in Argentinien war. Über Nacht ging eine 10-stündige Fahrt nach Resistencia weiter. Im Bus hatte ich erst eine Sitznachbarin, die ihre kleine Tochter auf dem Schoß hatte. Nach dem nächsten Stopp haben sie sich dann aber andere Plätze gesucht. Ob sie zwei nebeneinanderliegende Plätze gefunden haben, oder ob es an meinen Socken lag, weiß ich nicht. Ich halte beides für gleich wahrscheinlich.

In Resistencia kam ich früh morgens an und hatte eine weitere Busverbindung spät abends, wieder über Nacht (10 Stunden). Ich habe also eine Möglichkeit zum Gepäck verstauen gesucht und mich mit einem lokalen Bus ins Zentrum bewegt, um mir die Zeit zu vertreiben. Dabei habe ich natürlich direkt vergessen, meine Klamotten für einen Waschsalon mitzunehmen. Großes Kino. Noch einen Tag länger die gleichen Socken... Da wir mittlerweile den Tropen schon sehr nahe waren und ich den ganzen Tag nur geschwitzt habe, während ich durch das hochsommerliche Resistencia gelaufen bin, kann man sich vorstellen, dass meine Socken mittlerweile mit meinen Füßen verwachsen waren. Als ich am nächsten Tag dann endlich ein Hostel gefunden hatte, war die Erleichterung über eine Dusche doch sehr groß.

Was hat es gebracht?

Verdammt viel! Ich fand meine Idee mit dem Hinterland durchqueren großartig. So kam ich in den Genuss, abwechslungsreiche Landschaften und sehr viel Leben in irgendwelchen touristisch unwichtigen Städten aufzusaugen. Außerdem musste ich mich permanent in Spanisch durchfragen. Nach Bussen kann ich nun einigermaßen Auskunft erlangen (insgesamt 8 verschiedene Busse von 8 verschiedenen Anbietern um von A nach B zu kommen). Meine Klamotten haben gestunken, ich habe mehrere Nächte infolge wenig und unruhigen Schlaf gehabt, an den Busterminals gab es insbesondere abends nichts gescheites zu Essen (nur Sandwiches) und irgenwie war ich trotzdem in meinem Element. Mir hat das unheimlich viel Spaß gemacht.

Fazit Uruguay

Während den langen Busfahrten hatte ich genügen Zeit meine Erlebnisse Revue passieren zu lassen. Uruguay war ein Land, in dem es nicht allzu viel zu sehen gibt. Die Menschen waren allerdings sehr freundlich und hilfsbereit. Insgesamt war ich sehr Willkommen in diesem Land. Das lag wahrscheinlich aber auch genau daran, dass nicht so viele Europäer sich hier hin verirren. Ich habe das Land auf jeden Fall in mein Herz eingeschlossen. Wieder einmal hat sich bewiesen, dass es um viel mehr geht, als um reines Sightseeing.

Resistencia

Resistencia ist die Stadt der Bildhauer. Knapp 200 Figuren aus Stein, Marmor oder Stahl gibt es hier zu finden. Ideal um sich einen halben Tag zu vertreiben. Die andere Hälfte der Zeit habe ich Siesta gemacht, so wie die ganze Stadt. Von 12 bis 17 Uhr ist alles totenstill in der Stadt (siehe Hintergrund) und alle Geschäfte geschlossen. Die Hitze ist aber auch kaum auszuhalten gewesen.

Die WM

In Uruguay gehen alle im Übrigen bei der anstehenden Weltmeisterschaft von einem Sieg Uruguays im Finale gegen Brasilien aus. So wie es auch 1950 bei der letzten und bislang einzigen WM in Brasilien war. Das sie sich dieser Tage erst noch qualifizieren müssen, spielt dabei keine Rolle. Ich würde mich freuen, wenn Uruguay und Mexiko die Quali schaffen. Dann wäre die Latino-Fraktion richtig stark vertreten bei der WM...

Die Mär des Portugisisch Verstehens

Eigentlich war es mir auch vorher schon klar, es hat sich in den ersten Wochen bestätigt. Die meisten Brasilianer, die kein Spanisch sprechen, konnte ich kaum verstehen. Sie verstehen mein Möchtegern-Spanisch-Gefasel zwar, aber anders herum funktioniert das nicht. Ich glaube ja gut und gerne, dass die anderen Südamerikaner das brasilianische Portugisisch verstehen. Das funktioniert aber nicht, wenn das eigene Spanisch so schlecht ist, dass man selbst bei manch einem Genuschel auf Spanisch kaum ein Wort versteht. Dazu brauche ich noch ein paar Monate...

2013-11-13

Begegnungen eines Backpackers

Alleine Reisen ist manchal komisch. So kam ich kaum in Colonia an, schon kannte ich die Lebensgeschichten von fast allen Backpackern im Hostel. In Montevideo lief es ähnlich. Dann allerdings, in Punta del Este und Punta del Diablo, habe ich mich mit fast niemandem ausgetauscht. Anschließend kamen dann wieder tolle Begegnungen. Woran liegt das? Sicherlich auch an meiner jeweiligen Laune, aber bestimmt nicht nur... So manch eine Unterhaltung ist auch wieder vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat. Viele Gesichter sind schnell wieder vergessen. Ein paar Begegnungen will ich mir hier aber für die spätere Zeit aufbewahren, denn schließlich lebt meine bisherige Reise von den vielen interessanten Menschen, die ich an jeder Ecke getroffen habe.

Martin

Da war zum einen der Deutsche, der seinen Versicherungsjob geschmissen hat, um ein Around the World Ticket zu buchen. Er war ein bisschen älter und ich habe ihn zu allererst gesiezt. Ein unverzeibarer Anfängerfehler, der zeigt, wie sehr ich doch schon wieder eingerostet war. Zu meiner Entschuldigung sei noch angeführt, dass es mein erster Tag nach Buenos Aires war. Ich habe es im Moment des Ausprechens auch direkt wieder bereut und mich lachend entschuldigt. So kamen wir ins Gespräch. Er hat kein Wort Spanisch gesprochen, als er sich auf den Weg gemacht hat und gerade einmal drei Wochen Sprachkurs in Quito auf sich genommen. Dann ist er los gezogen. Mittlerweile spricht er einigermaßen fließend. Wir haben uns unter anderem über das Deutsch-Sein lustig gemacht. Der typische Deutsche braucht Ordnung in seinem Rucksack...

Kai

Dann war da der andere Deutsche, der seit drei Jahren ausgebüxt war. Europa, Neuseeland, Südamerika, hauptsache weg. Seinen Schlosser-Job hatte er gehasst. Anfangs war er mir suspekt, vielleicht auch weil er mir davon erzählt hat, wie er die letzte Nacht auf der Straße geschlafen hatte und am nächsten Morgen beim Scheißen hinter einem Haus von der Polizei erwischt wurde. Vielleicht war es aber auch die Geburtstags-Story, die mit Hasch, Kokain, Alkohol und Magic Mushrooms geendet ist. Als ich ihm dann von mir erzählte, hatte er aber ein enormes Verständis, das ich bislang selten fühlen konnte. Ich kann es nicht genau fest machen, aber die Nachfragen und der weitere Verlauf der Unterhaltung waren sehr interessant. Als er mir dann die Reste seiner Pasta angeboten hatte (ich hatte an dem Tag überhaupt keine Lust Geld für Essen auszugeben), habe ich schließlich alle Vorurteile über Bord geworfen. Der Typ war irgendwie doch cool. Den spannensten Ansatz lieferte er mit der Frage danach, welches Weltbild man doch aus den Artikeln der jeweiligen Sprache herauslesen könne. Wie kommen wir Deutschen eigentlich dazu, den Mond als männlich anzusehen? La Luna ist auch in meinen Augen deutlich passender...

Der Schwede, dessen Name ich vergessen habe

Er war Mitte Zwanzig, hatte gerade sein Studium beendet und keine Lust sich direkt einen Job zu suchen, auch weil er sich nicht sicher ist, ob er nicht vielleicht in eine andere Richtung gehen will. So hat er sich dann entschieden, erst einmal durch Südamerika zu ziehen, um sich da seine Gedanken machen zu können. Seine Reise hatte aber gerade erst begonnen. Irgendwie kam mir die Geschichte bekannt vor. Wir haben uns auf Anhieb verstanden...

Der Namenlose Ami

Amerikaner, Alter unbekannt, Name spielt keine Rolle, Heimat hat er keine (mehr). Seit 4 Jahren trampt er durch die Welt. Richtiges Trampen. Öffentliche Verkehrsmittel hat er nur benutzt, um die Kontinente zu wechseln. Familie? Freunde? Lebensziele? Die Antwort war immer gleich: ?! Gesprochen hat er nur, wenn er angesprochen wurde. Sonst hat er keinen Kontakt gesucht. Ich habe mich trotzdem lange mit ihm unterhalten (als einziger), ich fand den Typ irgendwie interessant...

Lorena

Eine Kolumbianerin, die irgendetwas mit dem Namen Darmstadt verbunden hat. Was genau, dass konnte ich ihr dann erklären, als sie von ihrem Beruf als Pharmazeutin bei Merck (!) erzählte. So klein ist manchmal die Welt. Das kolumbianische Spanisch ist im Übrigen wie Musik in den Ohren. Die Aussprache ist so schön klar und vor allem reden sie nicht so schnell. Sie hatte aber auch sichtlich Spaß daran, mich in Spanisch zu unterrichten...

Guilherme

Brasilianer, mit unfassbarer Lebensfreude. Er kam ins Zimmer und hatte nur kurz gefragt, ob ich das Bad bräuchte, er wolle mit seinen Kumpels ausgehen und vorher gerne noch duschen. Bis er allerdings unter der Dusche war, ist deutlich über eine Stunde verstrichen. Vorher war er damit beschäftigt, mich zu unterhalten. Soviel wie in diesen Minuten habe ich die letzten zwei Monate nicht gelacht. Er wollte mich überzeugen, dass meine Route zwingend über Brasilien verlaufen sollte. Mit einem Mix aus Englisch, Spanisch, Portugisisch, Händen und Füßen und enormer Austrahlung hat er mir klar machen wollen, dass alles für Brasilien und nichts dagegen sprechen würde. Jedes Mal, wenn er ein paar Wörter Portugisisch gesprochen hatte, meinte er: Siehst du, du hast es doch verstanden, das Argument zählt nicht. Nur beim Fußball war er nicht kompromissbereit. Die WM gewinnen die Brasilianer, da gibt es nix zu holen. Dass er es am Ende doch noch geschafft hat, sein Handtuch und sein Shampoo in die Hand zu nehmen, kam einem Wunder gleich...

2013-11-10

Punta del Diablo

Ich bin ein Stück weiter die Küste entlang, bis knapp vor die Grenze zu Brasilien nach Punta del Diablo.

Punta del Diablo ist der komplette Gegenentwurf zu Punta del Este. Das ist so ein richtiges Aussteigerdorf. Auch hier wird zwar viel gebaut, aber alles nur kleine Bungalows, sowohl als Feriendomizil, aber auch zum Vermieten. Auch im Hostel hingen ganz andere Leute ab. Die ganz entspannte Fraktion. Schon nach wenigen Stunden war mir klar, dass ich auch noch mindestens eine Nacht länger bleiben wollte.

Orientierung

Als ich standardmäßig nach einer Karte gefragt habe, hat man mich nur ausgelacht. Da musste ich mir das Deusch-Sein ganz schnell abgewöhnen. Die Straßen hatten auch überwiegend keinen Namen bzw. zumindest keinen offensichtlich erkennbaren. Sie machten mir den Eindruck, weitgehend parallel zu sein, aber das war glaube ich ein Trugschluss. Ich habe mich auch am zweiten Tag permanent verlaufen. Dort sieht zwar jeder Bungalow anders aus, aber keiner ist markant genug, dass man sich daran orientieren könnte. Außerdem hat sich das Dorf deutlich länger gezogen, als man meinen könnte bei gerade mal 1000 Einwohnern. Das liegt wahrscheinlich an den ganzen Ferienbungalows. Davon werden auch noch etliche weitere gebaut. Normalerweise müsste man hier noch schnell in Grundstücke investieren. Das Dorf merkt gerade erst, wie hipp es doch ist.

Zum Dorf gehören vier Strände. Die beiden äußeren davon sind unfassbar lang, mehrere Kilometer! Und weil das Dorf so klein und unbekannt ist, kann man dort richtig alleine sein. Keine Seele weit und breit. Den ersten Abend habe ich mich einfach nur ans Meer gesetzt und nachgedacht. 
Am nächsten Tag habe ich mir ein Mountainbike ausgeliehen, um zum benachbarten Nationalpark zu fahren. So ganz ohne Karte. Einfach mal in die Richtung fahren und versuchen, sich zu orientieren, damit man auch den Rückweg wiederfindet.

Glück im Unglück

Der Park war vielleicht drei Kilometer entfernt. Dann bin ich weitere Kilometer rein gefahren und dachte mir noch: Wenn ich jetzt einen Platten bekomme, bin ich am Arsch. Dann müsste ich den ganzen Weg zurück laufen, mit einem Mountainbike auf den Schultern. Es hat keine Viertelstunde gedauert, schon hatte ich einen Platten im Vorderreifen. Als hätten meine Gedanken es heraufbeschworen. Ich hatte allerdings Glück. Der Nationalpark ist auch Militärsperrgebiet und ich war ganz in der Nähe eines Postens. Dort gab es eine Werkstatt und ich habe die vier dort arbeitenden Jungs um Hilfe gefragt. Mit Händen, Füßen und auch ein klein wenig Spanisch konnte ich ihnen mein Missgeschick klarmachen. Sie meinten ganz trocken: Ja, wir können das machen, aber jetzt nicht, erst nach dem Mittagessen. Es war 11 Uhr und ich dachte mir, besser als nichts. Dann habe ich den Reifen schon mal demontiert und die Jungs haben sich dabei kaputt gelacht, dass sie mich warten lassen. Ich konnte etwas sinngemäßes verstehen wie "Komm helf ihm doch, der will doch auch irgendwann zurück". Dann hat der Auszubildende Werkzeug geholt und mir den Reifen geflickt. Dummerweise ist die Luft aber wieder rausgegangen. Da hätte er fast eine über bekommen von seinem Lehrmeister. Und ich dachte mir nur, dass ich das schon längst selbst hinbekommen hätte, wenn sie mir das Werkzeug geben würden. Ich habe doch schon einige Fahrradschläuche geflickt. Beim seinem zweiten Versuch hat es dann aber geklappt und ich konnte weiter fahren. Entmutigen lassen habe ich mich nicht, ich bin noch weiter durch den Park gefahren und habe mich erst später auf den Nachhauseweg gemacht.

Mitten im Park war eine künstlich angelegte Lagune. Drum herum gab es mehrere Gehege, wo man die Tiere der Umgebung sehen konnte. In erster LInie waren das Vögel. Insgesamt fand ich es allerdings eine recht merkwürdige Interpretation eines Nationalparks (Militärübungsplatz und Streichelzoo).
Am anderen Ende des Parks gab es noch eine Festung aus Kolonialzeiten. Dummerweise hat die nur an manchen Tagen offen. Ich habe mich dann auf den Rückweg gemacht und ein paar Mal verfahren. Gar nicht so einfach ohne Karte. Zumindest an der Küste konnte ich mich orientieren. Nach fast 20 km war ich dann abends auch gut ausgepowert.

2013-11-08

Punta del Este

Ich bin erst einmal weiter an der Küste entlang gefahren. Nächstes Ziel: Punta del Este. Zu der gebuchten Promo-Aktion, mit der misslungenen Reservation in Montevideo gehörte auch eine kostenlose Übernachtung in Punta del Este. Da ich hier einen eigenen Voucher hatte, habe ich auch ganz dreist nachgefragt und siehe da: Die Reservation hat diesmal geklappt. Eine gratis Übernachtung, ich will mich nicht beschweren.

In Uruguay gilt Punta del Este so ein bisschen als 'The Place to be'. Es gilt das Prinzip des Sehens und gesehen Werdens. Viele wohlhabendere Argentinier oder Brasilianer kommen hier her. So wie ich das verstanden habe, besteht mindestens der halbe Ort aus Ferienwohnungen (die ganzen Hochhäuser).

Bekanntschaft 1

Mich haben zwei junge Mädels (21) angesprochen, ob ich nicht ein Foto von ihnen machen könnte. Klar doch, das mache ich immer. Dann sind wir irgendwie ins Gespräch gekommen. Mir war das ganz recht, weil ich mich so weiter im Spanisch üben konnte. Die Fragen, die die beiden gestellt haben, waren auch mal etwas abwechslungsreicher, als die Standardunterhaltungen in Hostels. Lustig fand ich, dass sie sich gegenseitig, aber auch mich mit 'Kind' angesprochen haben. Zwar komme ich mir nicht mehr ganz so jung vor, es ist mir aber immerhin lieber als gesiezt zu werden.

Das Wahrzeichen der Stadt sind fünf aus dem Sand ragenden Finger. Da die beiden äußeren nicht gut auf ein Foto zu bekommen sind, habe ich eben nur vor den drei Hauptfingern posiert. Für die Frisur kann ich im Übrigen nichts.

Bekantschaft 2

Auf der Fähre von Buenos Aires nach Colonia hatte ich mich mit einer älteren Dame länger unterhalten. Ich glaube sie mochte mich, vielleicht weil ihr Sohn auch Matthias heißt. Sie hat mir ihre Adresse und eine Wegbeschreibung gegeben und gemeint, ich könnte doch mal vorbeikommen, wenn ich in Punta del Este sei. Das hatte ich dann auch vor und mich auf die Suche gemacht. Den Strand entlang bis zur Parada 7 und dann die zweite Parallelstraße direkt an der Ecke. Das hörte sich nicht so schwierig an. Dummerweise konnte ich es nicht finden. Also habe ich Leute auf der Straße angesprochen und nach der Richtung zu der Adresse gefragt. Da Punta del Este eine Landzunge ist, gibt es auf beiden Seiten Strände und dummerweise auch durchnummerierte Paradas. Ich bin also zur anderen Seite geschickt worden. Dort konnte ich es aber auch nicht finden. Nach mehreren Nachfragen und nachdem ich immer wieder in die andere Richtung geschickt wurde, habe ich es nach 3 Stunden Suche aufgegeben. Ich sollte ihr noch eine email schreiben, dass ich es zumindest versucht habe.

Ich habe zwar schon deutlich schlimmere künstliche Städte an Stränden gesehen (Gold Coast, Sunshine Coast) und kann verstehen warum so manch einer hier mal Urlaub macht, aber für mich war es doch eher nichts. Zuviel Jetset, zu wenige coole Leute. Auch im Hostel hingen nur Party-People ab. Nach einer Nacht bin ich wieder weiter gezogen.

2013-11-06

Montevideo

Nächstes Ziel war die Hauptstadt Uruguays. Als ich ankam regnete es aus Kübeln, Besserung war nicht in Sicht. Zum Glück wusste ich aber gleich wo ich hinwollte und wie ich hinkam, denn ich hatte mir in meinem Hostel in Colonia eine Reservierung für das Hostel in Montevideo machen lassen. Das war eine Promo-Aktion. Mit Voucher und Anzahlung kam ich dann nach Montevideo im Hostel an und man sagte mir, dass meine Reservation nicht ankam und ich Pech hätte, sie seien schon voll. Meine Anzahlung bekam ich zwar zurück, aber da stand ich dann im wahrsten Sinne des Wortes im Regen, so ganz ohne Hostel.

Ich hatte mir aber noch helfen lassen, quasi als Kompensation und bei anderen Hostels anrufen lassen. Das war nicht allzu weit und sie hatten noch Betten frei. Es war ein Hostel, dass nicht im Lonely Planet steht und damit nicht ganz so überrannt ist wie die anderen. Im Grunde fand ich es dort auch ganz nett, weil ich ganz andere Typen von Menschen in diesem Hostel kennengelernt habe. Und bei Regen kann man auch nicht allzu viel machen, außer bloggen und sich mit den anderen Leuten unterhalten. Die Besitzerin mochte mich glaube ich, weil ich ihrem Sohn sehr ähneln würde. Sie war superfreundlich und hat mir mit meinem Spanisch geholfen. Am nächsten Tag war zwar auch für den ganzen Tag regen angesagt, aber morgens war es nur neblig, kein Regen. Also konnte ich losziehen.

Örtliche Müllabfuhr?
Die Stadt war gar nicht so lebendig und voll von Menschen wie ich das erwartet hatte. Selbst in der Altstadt und im Zentrum ging es eher gemächlich zu. Ich war zwar früh unterwegs, aber auch in der Mittags- und Nachmittagszeit hat sich das nicht groß geändert. Viel zu sehen gab es aber auch nicht.
Die Küstenlinie hatte was nettes: Nebel, Wind der mich fast aus den Socken gehauen hat, leichter Nieselregen, halbwegs kalt, also schon eher mein Wetter. Und der Ozean hat ganz schön Kraft.
Vom Essen bin ich bislang eher enttäuscht. Die Pasta ist eher langweilig. Das Frühstück besteht aus Zucker mit Zucker und abwechslungsreich ist es hier auch nicht gerade. Das Einzige was herausragt ist das Fleisch. Das kostet dann aber auch gleich etwas. Allzu oft kann man sich das nicht gerade leisten.

2013-11-05

Colonia del Sacramento

Von Buenos Aires aus ging es mit der Fähre weiter nach Uruguay. Erstes Ziel: Colonia del Sacramento.

Erst einmal ausspannen und das Wetter genießen.

Leben im Hostel

Da bin ich nun also angekommen im Hostel. Das Leben als Backpacker geht jetzt so richtig los. Wo habe ich nochmal das hingepackt? Aller Anfang ist mal wieder schwer. Noch habe ich gar keinen Rhythmus. Ich glaube ich habe meinen Rucksack dreimal im Locker eingeschlossen und dann wieder aufgesperrt, weil ich zum Duschen noch etwas vergessen hatte. Naja das wird schon noch.

Colonia del Sacramento ist die älteste Stadt Uruguays und das koloniale Erbe an einigen Stellen noch einigermaßen gut erhalten.
Auch die Autos machen einen guten Eindruck. Man könnte fast meinen, man sei in Kuba.
Mein Lieblingsauto fährt glaube ich nicht mehr, nach seiner Transformation zum Blumenkasten.

Steinschleuder

Als ich mittags eine kleine Pause gemacht hatte und mich ins Gras gesetzt habe um zwei Mandarinen zu verdrücken, kam ein kleiner Junge zu mir gelaufen. In einer Hand hatte er einen Papageien-Kadaver gehalten, den er gerade mit einer Steinschleuder abgeschossen hatte und mir voller Stolz zeigen wollte. Seine Hand und sein Shirt waren verschmiert von dem Papageien-Blut. Ganz so cool wie er fand ich das nicht, mir hat der Papagei Leid getan, aber ich war auch nicht in der Lage ihm das zu erklären. Zum einen war ich mit der Situation überfordert und zum zweiten haben mir die Vokabeln gefehlt. Ich habe kein Wort rausgebracht. Dann ist er wieder abgezogen, weil er noch mehr Pagageien erledigen wollte. 


Die kleine Siedlung ist ziemlich entspannt. Es hat mir schon ganz gut gefallen, auch wenn man nicht allzu viel machen konnte. Zumindest kam ich ein wenig runter. Es steht aber auch noch einiges aus, das ich noch verarbeiten muss.