2014-05-16

Odyssee III

Aus dem Amazonas musste ich auch irgendwie wieder raus kommen. Als nächstes wollte ich nach Kolumbien, nach Cali. So war meine Entscheidung auch eigentlich logisch, dass ich von Lago Agrio direkt an die Grenze nach Tulcán fahre. Es gab einen Übernachtbus und ich bin normalerweise ein guter Busschläfer. Es gibt eine neue Straße, seit ungefähr zwei Jahren, die durch den Urwald im nördlichen Ecuador führt. Das hörte sich doch super an: Eine neue Straße verspricht wenige Schlaglöcher und somit auch eine ruhige Fahrt. Soweit die Theorie.

Zu Beginn kamen selbstverständlich die ganzen Verkäufer in den Bus, um Kaugummis, Getränke, jegliches Knabberzeugs und auch sonstige Dinge zu verkaufen. Das ist überall in Südamerika so und ich habe mich an die verschiedenen Verkaufsstrategien schon gewöhnt. Was hier jedoch in enormer Anzahl passiert ist, hat mich doch ein wenig geschockt. Jeder Verkäufer hat hier auf eine gewisse Behinderung verwiesen und deswegen um Nachsicht und Hilfe gebeten. Einer hatte an einer Hand keine Fingerkuppen mehr, ein anderer hat vor ein paar Jahren sein Augenlicht verloren,... Ohne dass sie näher darauf eingegangen sind, war mir schnell klar, was hier passiert sein musste. Das waren Folgen des Guerillakrieges, der hier bis vor ein paar Jahren noch getobt hat. Wahrscheinlich Bestrafungen bzw. Warnungen der Drogenmafia. Auch wenn solche Geschichten bekannt sind, ist es doch noch einmal ein Schock, wenn man es wirklich sieht.

Auch die Fahrt an und für sich war nicht so erholsam, wie ich mir das erhofft hatte. Kaum habe ich geschlafen, kamen wir in eine Polizeikontrolle. Jeder musste aussteigen und seinen Pass vorzeigen. Nachdem ich dann irgendwann wieder in den Schlaf gefallen bin, wurde ich kurz darauf aber erneut aufgeweckt. Militärkontrolle bzw. besser gesagt Waffenkontrolle. Alle Männer raus, Beine breit und Hände an den Bus. Erst wurden wir abgetastet, dann mussten wir unsere Rucksäcke vorzeigen bzw. teilweise ausleeren. Mit mir als Reisenden ist man dabei schon etwas vorsichtiger umgegangen. Das letzte was man bezwecken will, ist die Fremden abzuschrecken. Trotzdem sieht man hier noch deutlich, dass der Friedensprozess zwar im Gange ist, aber noch ein langer Weg vor sich hat. Solche Ziele können nur mittelfristig erreicht werden.

Morgens kam ich dann um 6 Uhr übermüdet in Tulcán an und habe mich zur Grenze durchgeschlagen. Dort musste ich dann die erste Rate Geld wechseln, um voranzukommen und ich habe mich dabei übers Ohr hauen lassen. Im Grunde war ich sogar zu gut vorbereitet. Ich hatte vorher die Raten nachgeschaut und auch nachgerechnet, wieviel ich dann bei welchen Beträgen bekommen müsste. Damit habe ich mich selbst verwirrt, weil ich letztlich einen Betrag umtauschen wollte, gesehen habe, wie er es in den Taschenrechner eintippt, übersehen habe, dass schon ein negativer Betrag im Display stand, und eine Betrag der mir bekannt vorkam am Ende dort stand. Der Betrag kam mir zwar bekannt vor, war aber nicht der Betrag, den ich umgetauscht habe. So habe ich mich mal eben ein wenig abzocken lassen. Ein dummer Anfängerfehler, aber das passiert und wird unter sonstige Kosten verbucht. Bemerkt habe ich es erst drei Tage später, als ich die nächste Rate (gleicher Betrag) umgetauscht habe und mehr bekommen habe. Sich im Nachhinein darüber zu ärgern, bringt aber auch nicht allzu viel.

Auf der anderen Seite der Grenze, in Ipiales, habe ich mich von einem Taxifahrer nicht direkt zum Terminal fahren lassen, sondern noch einen kleinen Abstecher zu einer bekannten Kirche gemacht. Mitten in einer Schlucht wurde dieses Meisterwerk gebaut. Der Blick war in der Tat beeindruckend.

Eine gute halbe Stunde habe ich mich an der Kirche herumgedrückt. Im Inneren war der Altar in das Gestein der Felswand eingebettet. Ein Foto wollte ich in diesem Moment nicht machen, weil gerade eine Messe gelesen wurde.

Das Setting war herausragend. Diese Kirche ist ein beliebter und wunderschöner Pilgerort. Kann ich weiterempfehlen.

Anschließend habe ich am Terminal einen Bus nach Cali genommen. der ganze Tag (11 Stunden) sollte hier auf die Busfahrt draufgehen. Eine weitere Polizeikontrolle und eine weitere Waffenkontrolle habe ich auch auf dieser Seite der Grenze durchgemacht. Das Spiel kannte ich ja schon. Alles kein Problem, alles sicher.

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