2014-01-14

El Calafate


El Chaltén war ja schon patagonisches Herzland. El Calafate, mein nächster Stop auf der Route, war nicht unweit davon. Alleine schon der Weg dahin war beeindruckend. Da macht Busfahren doch richtig Spaß.

Die meiste Zeit sieht man zwar nur trockenes Grasland, aber dann wird man auch immer wieder überrascht von Gebirgsketten und Seen, die dem ganzen einen schönen Touch geben.

Manchmal frage ich mich, wie es hier wohl im Winter aussieht. Es soll angeblich gar nicht so kalt werden. So um die 0 Grad und hin und wieder Schnee seien normal. Dazu kommt dann aber der Wind, der schon jetzt 15 Grad arschkalt erscheinen lässt. Ich glaube schon, dass das Klima hart sein kann.

El Chaltén war der nördliche Zugangspunkt von dem National Park Los Glaciares. El Calafate ist jetzt der südliche Zugangspunkt. Dazwischen liegen zwei große und mehrere kleine Seen. Das Highlight im südlichen Teil ist der größte Gletscher des Parkes und nennt sich Perito Moreno. Schon von weitem kann man ihn erkennen.

Das Ding ist gigantisch groß und wächst so schnell, dass man das Eis alle 5 Minuten knacken und krachen hören kann. Regelmäßig fällt auch Eis in die beiden Seen, die den Gletscher umgeben. Ein Spektakel sondergleichen.

Der Perito Moreno ist eines der Top Spots in ganz Argentinien. Der Lonely Planet hat ihn sogar noch vor den Iguazú Wasserfällen gerankt. Hier muss jeder einmal hinkommen, der auf einer Reise durch Argentinien ist.

Die zwei Seen, die den Gletscher umgeben, werden teilweise getrennt, wenn der Gletscher wieder zu schnell gewachsen ist. Dann gräbt sich das Wasser ein Loch hinein und es entsteht eine Eisbrücke. Wenn der Gletscher aber wieder zu schnell wächst, wird der Druck zu groß und die Brücke stürzt ein. Das ist zuletzt 1988, 2004, 2006, 2008 und 2012 passiert, teilweise aber auch nachts. Man muss schon ziemlich glücklich sein, wenn man das sehen kann. Die Ranger meinten alle, dass sie das auch mal gerne sehen würden und hoffen, dass es bald wieder passiert. Eis ist ca. alle 15 Minuten von der Brücke abgefallen. Die Brücke war aber so gigantisch groß, dass man es einfach nicht abschätzen konnte, wie lange es bis zum nächsten Mal dauern würde.

Ich habe noch schön vor der Eisbrücke posiert und mir gedacht, dass ich vielleicht doch einen anderen Tag hätte kommen sollen. Das Wetter war sehr ungemütlich und es hat immer wieder genieselt. Allzu schöne Fotos hatte ich meiner Meinung nach auch nicht hinbekommen, zumindest im Vergleich zu dem, was ich schon an Fotos bei Sonnenschein gesehen hatte (zum Beispiel die Fotos von Markus).

Dann passierte das Unmögliche: Die Eisbrücke ist in einem betörenden Knallen und Krachen auseinandergefallen und eine riesige Flutwelle entstanden. Ich hatte zwar meine Kamera angeschaltet in der Hand, war aber viel zu überrascht und gefesselt von dem was ich gesehen habe, um rechtzeitig abzudrücken. Das ging aber nicht nur mir so. Ich habe noch nie so viele Menschen (Park Ranger inklusive) mit offenen Mündern gesehen. Ich hätte mir also gar keinen besseren Tag aussuchen können, um zum Perito Moreno zu fahren, ich gehöre zu den größten Glückpilzen in ganz Südamerika. Den Lärm habe ich noch heute in den Ohren.

Ab da habe ich den Tag einfach nur noch in vollsten Zügen genossen. Ich hatte mehr gesehen, als ich mir je hätte erhoffen können. Nieselregen bei eiskaltem Wind hat mir gar nichts mehr anhaben können.

Patagonien hat mich mal wieder aus den Socken gehauen. Das Setting ist einfach nur schön.

Bei diesem Foto kann mal so ungefähr erkennen, wie riesig groß dieser Gletscher ist. Man beachte die vielen kleinen Menschen auf den Aussichtspunkten vor dem Gletscher. Vielleicht kann man daran auch erkennen, was für ein Spektakel der Sturz der Eisbrücke (die war immerhin auch riesig) war.

In El Calafate gab es eigentlich nichts interessantes. Außer vielleicht der Chiller, der laut Depeche Mode gehört hat. Ich habe ihn ganz höflich gefragt, ob ich ein Foto von ihm machen dürfte.

Silvester

Es war die Silvesternacht gekommen und ich war in El Calafate. Eigentlich wollte ich schon weiter im Süden sein, auf Feuerland, aber das war unmöglich. Alles bis aufs letzte Bett ausgebucht. Davor und danach. Ich habe fast zwei Wochen lang jeden Tag gecheckt, ob eine Reservierung gecancelt wurde. Dann hatte ich auch etwas vom zweiten bis zum sechsten Januar bekommen und direkt gebucht. Das Timing war einigermaßen passend. Es blieb mir allerdings keine andere Möglichkeit, als Silvester in El Calafate zu verbringen.

Die Stadt ist eine reine Touristenstadt und die Silvesterangebote waren unmenschlich teuer. Ein Brasilianer aus meinem Zimmer hatte mir Angeboten, mit ihm abends zu kochen, er hätte Lamm (typisch patagonisch) gekauft. Ich solle nur noch ein wenig Brot und Wein kaufen und dann würde das halbwegs passen. Anfangs war ich nicht sicher, ob ich ihm wirklich die Hälfte seines Fleisches wegessen sollte, aber dann habe ich erfahren, dass er ein ganzes Kilo Lamm gekauft hat. In Südamerika plant man so ungefähr 700 Gramm Fleisch pro Person, wurde mir letztens gesteckt. Wir konnten also super zu zweit davon essen. Kurz vor Mitternacht sind wir dann ins Zentrum gelaufen und nach dem kleinen, bescheidenen Feuerwerk in einer Bar untergetaucht. Eine recht gemütliche Silvesternacht war das.

Am nächsten Tag (Neujahr) bin ich auf eine Bootstour gegangen. Eigentlich war die Tour ja recht teuer und so ganz klar wurde mir nicht, was man sehen kann, außer Gletschern, aber ich hatte noch einen Tag zu verschleudern und auch noch genügend argentinische Pesos, die ich ausgeben musste. Also nichts wie rauf auf eine Bootstour. Die Tour ging immerhin sieben Stunden und man fährt kreuz und quer über den Lago Argentino. Die Landschaft ist atemberaubend.

Eisberge von ungeheurer Größe schwimmen im See. Die sind von irgendeinem der vielen Gletscher abgefallen.

Bei einem dieser Ungetüme hatte ich das Glück, dass ein größeres Teil abgebrochen ist und der Eisberg sich anschließend im Wasser aufgrund der Schwerpunktsverlagerung gedreht hat. Das Wasser sieht man auf dem Foto noch herunterlaufen. Die Welle war sogar am Katamaran spürbar.

Der erste große Gletscher den wir zu sehen bekamen, konnten wir nur aus der Ferne bestaunen. Zu viel Eis schwamm im See, es wäre zu gefährlich gewesen einen auf Titanic zu machen.

Auch wenn es draußen mal wieder arschkalt war, habe ich die meiste Zeit dick eingemummt auf dem Deck verbracht. Zu schön war die Landschaft, als dass ich sie nur durch ein dreckiges Fenster sehen wollte.

Zur allgemeinen Belustigung wurde ein Eisblock aus dem Wasser gefischt, mit dem jeder dann mal ein Foto machen kann. Meine Hände musste ich danach aber einige Minuten auftauen lassen gehen.

Auch schön war der eine kleine Gletscher, dessen Anfang ich nicht sehen konnte. Irgendwie war es so neblig, dass Eis, Berg und Himmel ineinander übergingen.

Der letzte größere Halt war der Gletscher Spegazzini. Noch so ein gewaltiges Ding, dass man schon aus der Ferne knacken hören konnte. Man beachte auch den Nebel, der die Berge teilweise verschluckt.

Kurze Zeit später stand der Gletscher plötzlich in voller Blüte im Sonnenschein. Hier ändert sich das Wetter in Sekundenbruchteilen, so schnell kann man gar nicht schauen. Wir waren plötzlich auch recht nah dran am Gletscher.

Ich war mit einem Kanadier unterwegs, der plötzlich meinte: "It is the time, it is the place!" Dann zog er sich Mütze und Schal aus und ich habe zwanzig Fotos von ihm gemacht. Anschließend haben wir gewechselt. Bei den ganzen Fotos ist dann auch tatsächlich der eine Shot dabei gewesen, der zu meinem Lieblingsbild geworden ist. Das ich für das Foto wirklich gelitten habe, sieht man mir kaum an. Es ist einfach perfekt geworden. Was für ein Tag, war für ein Foto.

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