2014-03-11

Oruro

Karneval von Oruro. Auch deswegen musste ich in La Paz mal kurz Luft rauslassen. Den Karneval wollte ich mir nicht entgehen lassen. In Oruro kommt ganz Bolivien zusammen, um zu feiern.

Neben den Samba-Partys in Brasilien, ist Oruro wohl der bekannteste Karneval von Südamerika. Getanzt wird hier auch bis zum Abwinken, allerdings ist alles ein wenig anders. Traditionell Bolivianisch.

Der Fernsehstar

Als ich mich in La Paz um ein Ticket gekümmert habe, hat das bolivianische Staatsfernsehen gefilmt. Sie haben wohl die Faszination Karneval in Oruro dokumentiert. Dabei kamen sie dann auch in die Agency, in der ich gerade mein Ticket gekauft habe und haben alle Leute ausgequetscht. Mit 'Alle' meine ich 'Alle', inklusive meiner Wenigkeit. So durfte ich mir dann vor laufender Kamera einen auf Spanisch abstottern, warum ich nach Oruro will. Ein bisschen peinlich war mir das schon, aber was soll's. Es wird mich niemand gekannt haben. Ich weiß schon gar nicht mehr, was für einen Schwachsinn ich da gelabert habe, aber ich habe zumindest etwas rausbekommen. Da war ich dann auch schon glücklich, als sie mich dann endlich wieder in Frieden gelassen haben.

Die ersten Gruppen kamen schon morgens um 8:00 Uhr. Das ging dann den ganzen Tag so weiter. Und zu so einer Gruppe haben durchschnittlich 50 - 300 Tänzer und ca. 50 - 100 Musiker gehört.

Die Tribünen waren sehr provisorisch gebaut und wurden mit Menschen zugeklatscht. Auf 4 Meter sollten 15 Leute Platz finden. Plötzlich hat es unter uns (drei Norwegerinnen und eine Schwedin haben mich begleitet) geknackt. Wir saßen ganz oben, 4 Meter über dem Boden. Kurz darauf hat es noch einmal geknackt. Diesmal heftiger und die Reihe hat gefühlte 20 cm nachgegeben. Plötzlich ist Panik ausgebrochen. Alle wollten schnellstmöglich runter von der Tribüne, aber es gab keine Wege. Irgendwie hat es sich nach einer gefühlten Ewigkeit aufgelöst. Nach zwei Stunden Diskussionen und Anschuldigungen und Beschimpfungen haben wir andere Plätze bekommen. Wir waren sehr verärgert mit der Agency und den Ticketverkäufern, weil sie sich vollkommen daneben benommen haben. Einige sind wutentbrannt zurück nach La Paz gefahren. Wir sind jedoch noch geblieben.

Ein Teil des Karnevals in Bolivien ist die Wasser- bzw. Schaumschlacht. Wann immer es geht, besprüht man die Leute um sich herum mit Schaum. Die entsprechenden Dosen kann man für ca. 1 Euro kaufen. Ich habe ein halbes Vermögen ausgegeben, weil ich der König der Schaumschlacht sein wollte. Das Kind in mir war geweckt und wir hatten ein kleines Battle: Team Europe gegen ganz Bolivien. Wir waren zahlenmäßig weit unterlegen und hatten auch deutlich weniger Erfahrung, aber das konnten wir zumindest teilweise mit Elan und Einsatz wieder wett machen. Wer austeilen kann, muss jedoch auch einstecken können. So kam ich dann auch zu meiner unfreiwilligen Fassnachtsverkleidung in diesem Jahr: Der Schwammkopf. Das Köstum bedarf allerdings einer gewissen Pflege und muss ständig erneuert werden.

Je länger der Tag dauerte, desto besser wurden die Gruppen.

Zwischenzeitlich hatten wir eine Menge Spaß. Aufgrund meines Enthusiasmuses in der Schaumschlacht, wurde ich auch von so ziemlich jedem Bolivianer um mich herum zum gemeinsamen Trinken aufgefordert. Dabei wollte ich das Gesöff eigentlich gar nicht. Ich kam aber nicht darum herum. 

Es ist mir schwer gefallen, gute Fotos zu machen. Ständig musste ich aufpassen, dass ich nicht wieder als Zielscheibe herhalten könnte und ich musste die Kamera oft eingepackt lassen.

Bunt waren die Kostüme.

Die Tänze haben sich oft sehr stark geähnelt. Die Musik ebenfalls. Trotzdem fand ich es nicht gerade langweilig. Auch nach mehreren Stunden nicht.

Mein Lieblingsbild. Das lasse ich jetzt unkommentiert.

Der Tag wurde länger und länger. Die Schatten zeugen davon. Die Laune war nach wie vor großartig.

Die Tragödie

Plötzlich ging es nicht mehr weiter. Die Tänzer haben sich aufgestaut und nach einer Weile haben dann eben auch die Musiker aufgehört zu spielen. Dann sind Unmengen an Polizisten und Sanitätern an den Seiten die Parade entlang gelaufen. Weiter vorne musste etwas passiert sein, aber bei uns wusste vorerst niemand Bescheid. Wir konnten nichts sehen. Die Bolivianer um uns herum haben über das Radio versucht Informationen zu bekommen, was passiert ist. Stückweise ist es dann immer weiter durchgedrungen: Eine noch nicht fertiggestellte Fußgängerbrücke über der Parade ist eingestürzt. Angeblich haben dort zuviele Zuschauer getanzt. Die Fußgängerbrücke ist auf die Tänzer eingestürzt. Letztlich waren es 4 Tote und über 60 Verletzte. Der Karneval war auf einen Schlag beendet. Schockiert haben mich auch die sensationsgeilen Touristen, die mit ihrer Kamera im Anschlag zur Unfallstelle geeilt sind. Sowas ist einfach nur geschmacklos und respektlos. Nach so einem Ereignis fällt es auch schwer, den Karneval als schönes Ereignis meiner Reise zu betrachten, auch wenn ich zwischenzeitlich eine Menge Spaß hatte.

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