2014-03-07

La Paz

Ich wollte (und musste) mal ein paar Tage raus nehmen. Das ich mir dafür ausgerechnet La Paz, die vielleicht verrückteste Stadt in Südamerika ausgesucht habe, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.

Das Zentrum von La Paz liegt wie in einem Trichter auf 3600 Metern Höhe. Drum herum türmen sich die Häuser ganz schnell auf 4000 Meter hoch (auf den Hochebenen streckt sich La Paz dann noch sehr weit). Dort wohnen Unmengen an tradionellen Bolivianern. Man nennt diesen Teil 'El Alto' (das Hohe) und das hat hier eine riesige Rolle gespielt. 

Wie das bei so einer Stadt in einem Trichter ist, gibt es überall Lookouts. Zwei davon habe ich besucht.

Man hört viele Geschichten über La Paz. Ich selbst habe keine schlechten Erfahrungen gemacht und mich auch nie wirklich unwohl gefühlt. Ich mag diese Stadt mit all ihren Verrücktheiten.

Eine verstörende Sache war beispielsweise der Hexenmarkt, wo man getrocknete Lama-Babys kaufen konnte.

El Alto marschiert. Ich bin mehr oder weniger zufällig auf diese Demonstration gestoßen, aber verpassen konnte man sie auch nicht. Nachdem ich ein paar Fotos gemacht habe, bin ich Mittagessen gegangen, habe mir Fruchsäfte und andere Kleinigkeiten besorgt und zwei Stunden später kamen immer noch Menschenströme. Keine Ahnung, wie El Alto organisiert ist, aber sowas habe ich noch nicht gesehen. Das hatte Nachdruck.

Soweit ich das verstanden habe, ist El Alto für einen besseren Internetanschluss auf die Straße gegangen.

Wo auch immer ich mich herumgetrieben habe...

...es ist immer irgendetwas im Busch gewesen. Meistens wusste ich nicht einmal, was gerade um mich herum passiert.

In La Paz gibt es zwei sehr beliebte Touren. Eine davon ist die Besteigung des Huayna Potosí, der als einer der einfachsten 6000er der Welt gilt. Das wollte ich auch probieren, auch wenn die Quote derjenigen, die den Gipfel erreichen, nicht allzu hoch ist. Man startet am ersten Tag am Basislager auf 4700 Metern Höhe und schleppt einen Rucksack mit unglaublich viel Ausrüstung zum Höhenlager auf 5150 Metern. Das war schon schwierig genug, aber noch machbar. Am Höhenlager stärkt man sich und versucht ein paar Stunden Schlaf abzubekommen.

Ich habe mich am Höhenlager noch recht fit gefühlt. Die Luft war zwar dünn, aber es war noch alles in Ordnung.

Die Enttäuschung

Zur Mitternacht mussten wir aufstehen und frühstücken. Dann mussten die Unmengen an Klamotten angezogen werden. Ich habe am Oberkörper 6 dicke Schichten getragen. Auch Thermounterwäsche habe ich extra gekauft. Zwei Paar Handschuhe, zwei Paar Mützen (die äußerste Schicht war immer von der Agency), Steigeisen, Eispickel,... Soviel Winterfell hatte ich noch nie getragen. Durch den Schnee (die Regenzeit hat es nicht gerade einfacher gemacht) ging es dann steil bergauf. Bei jeder kleinen Pause habe ich gekeucht wie ein Halbtoter. Tausend Tode bin ich gestorben, aber ich habe gekämpft. Auf 5800 Metern konnte ich aber einfach nicht mehr weiter. Der Trip war zu hart für mich. Dafür bin ich einfach nicht fit genug gewesen. Höhenkrankheit war es meiner Meinung nach nicht, weil ich zuvor weder euphorisch war, noch Kopfschmerzen hatte, aber dass die dünne Luft den größten Anteil an meiner Schwäche hatte, ist unbestritten. Ich musste umkehren. Selbst der Weg zurück hat mir da schon richtig zugesetzt, so erschöpft war ich. Weitere 2 Stunden bergauf hätte ich nie im Leben geschafft. Die 6000er Marke musste ich so begraben. Es war eine Entscheidung der Vernunft, aber mein Stolz ist bis heute angekratzt. Noch immer habe ich das nicht verkraftet, dass ich schlapp gemacht habe. Ich fühle mich wie ein armer alter Mann.

Um Selbstvertrauen zurück zu gewinnen, musste direkt danach die zweite sehr beliebte La Paz Tour herhalten: Mountainbiken auf der Death Road. Wenn hier etwas schief gegangen wäre, wären die Folgen wahrscheinlich deutlich schlimmer gewesen. Angst hatte ich aber keine. Zu sehr weiß ich, wie man mit einem Mountainbike umgeht.

Man startet auf 4700 Metern Höhe und soll auf 1100 Metern Höhe (unbeschaded) ankommen. Den Namen Death Road hat die Straße daher, dass sie einst als gefährlichste Straße der Welt eingestuft wurde, weil jährlich mehr als 25 Fahrzeuge 'verschwunden' sind. Mittlerweile gibt es eine neue Straße auf der anderen Seite des Gebirges und die Death Road ist überwiegend für die Mountainbiker frei. Auch hier soll es hin und wieder Unfälle geben. Mädels mit Schürfwunden habe ich kennengelernt. Von ausgeschlagenen Zähnen habe ich gehört und angeblich soll sogar vor ein paar Tagen einer gestorben sein, wurde von einer anderen Reisenden an mich herangetragen.

Zu Beginn war die Straße noch sehr einfach. Das war gut um die Bikes kennenzulernen. Ich hatte mir von den unzähligen Anbietern diejenigen rausgesucht, die nur auf hydraulische Bremsen gesetzt haben und auch die Gruppe auf 5 Leute begrenzt haben. Dafür habe ich auch gerne etwas mehr bezahlt. Andere Anbieter fahren hier teilweise mit 16 unerfahrenen Bikern auf richtig alten Fahrrädern. Da wundern mich die Unfälle auch nicht mehr.

Unter den Rennanzügen habe ich noch Knie/Schienbein- und Ellbogenschoner gehabt. Ich war also schon ganz gut ausgestattet. Jetzt musste ich nur noch dafür sorgen, dass ich nicht über die Klippe stürze.

Die Straße sah meistens so aus: Schotterweg, nass und auf einer Seite ging es steil bergab. Wie steil, konnten wir aufgrund der Wolken meist nur erahnen.

Die Stimmung war gut. In meiner Gruppe waren zum Glück nur Jungs, die schon öfter auf einem Mountainbike saßen. Wir sind so ziemlich als letzte Gruppe gestartet und als erste angekommen. Das Überholen der anderen Gruppen war dabei gar nicht so einfach, weil die beste Spur meist von den langsam Fahrenden  blockiert war. Unser Guide war begeistert, endlich mal die Death Road schnell runterfahren zu können. Wir hatten auch ein kleines internes Race: Team Brazil gegen Team Europe (ich hatte einen schwedischen Gefährten). Am Ende war es wohl ein Unentschieden. 

Viele Wasserfälle haben für den besonderen Kick gesorgt.

Die berühmten 'Ecken des Todes'. Immer gut für ein Poser-Foto.

Im Grunde fand ich die Death Road gar nicht so herausfordernd. Ich würde es eher als einen einfachen Downhill bezeichnen. Die Besonderheit liegt eben darin, dass ein kleiner Fehler sehr große Folgen haben kann. Viele Kreutze am Wegesrand haben davon berichtet. Spannend und unglaublich schön war die Tour aber auf jeden Fall. Danach hatte ich auch die Enttäuschung der Bergbesteigung zumindest halbwegs überwunden.

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